IKEA Wien Westbahnhof
Preisträger BHP22
Wien:
IKEA Wien Westbahnhof
Europaplatz 1, 1150 Wien
Bauherr·in: IKEA Einrichtungen Handels-GmbH, Projektleiterin Sandra Sindler-Larsson
Architektur: querkraft architekten, Wien
Freiraumplanung: Kräftner Landschaftsarchitektur und Green4Cities, Wien
Tragwerksplanung: Thomas Lorenz ZT GmbH, Graz
Wettbewerb: 2017
Fertigstellung: 2021
Mit einem Klippan-Sofa im Kofferraum oder einem Pax-Schrank am Dach wird man das Haus wohl niemals verlassen, denn der City-Ikea am Wiener Westbahnhof ist unter allen 450 Filialen weltweit die erste ohne Parkplatz und ohne Garage. Entsprechend redimensioniert ist das verfügbare Sortiment: Kleinere Produkte, die in eine blaue Frakta-Tasche passen, kann man sofort mitnehmen, größere Möbelstücke werden mit einem von insgesamt 30 E-Trucks im Raum Wien direkt vor die Wohnungstür geliefert. Auch in vielerlei anderer Hinsicht tanzt das Einrichtungshaus am Öffi-Verkehrsknotenpunkt von U3, U6 und ÖBB aus der Reihe: Im Gegensatz zur klassischen blau-gelben Möbelkiste am Stadtrand nämlich gleicht das Haus einem weißen Billy-Regal, in dessen Fächer – statt Bücher und Vasen – nun Erker, Lifte, Stiegenhäuser, Lüftungsrohre und eingetopfte Bäume hineingestellt wurden: Ahorn, Kiefern, Birken, Buchen, Eichen, Eschen, Weidenbäume sowie diverse Gräser, Stauden und Beeren. Alle 160 Stahlkübel sind mit Feuchtigkeitssensoren und automatischer Be- und Entwässerung ausgestattet. Die untersten fünf Etagen werden als Einrichtungshaus genutzt, in den obersten zwei Stockwerken ist das Hostel Jo & Joe untergebracht. Durch atriumartige Einschnitte von oben gelangt ausreichend Tageslicht in die Zimmer. Als Krönung gibt es eine urbane Dachterrasse, die täglich von 8 bis 24 Uhr öffentlich und ohne Konsumationszwang begehbar ist. Zwischen Container-Café, Photovoltaik-Landschaft und skandinavischen Waldversatzstücken offenbart sich hier oben ein ganz neuer Blick auf die Stadt. Während bislang jeder einzelne Ikea auf der Welt in der globalen Konzernzentrale im südschwedischen Älmhult geplant wurde, setzte sich in diesem Fall die österreichische Geschäftsniederlassung durch – und entwickelte eine Filiale, die nicht allein den Prinzipien von Effizienz, Neuromarketing und Umsatzsteigerung folgt, sondern sich als lebendes Experiment versteht und neue Varianten innerstädtischen Möbelhandels austestet. Im Rahmen eines städtebaulichen Vertrags mit der Stadt Wien verpflichtete sich Ikea, die Dachterrasse öffentlich begehbar zu machen und für das Projekt einen internationalen Wettbewerb auszuschreiben, zu dem neun Architekturbüros aus ganz Europa eingeladen wurden. Das Wiener Büro querkraft architekten konnte sich als Sieger durchsetzen. Im Zeitalter pressierender Energie- und Ressourcenknappheit ist der City-Ikea am Wiener Westbahnhof ein ökologisches und stadtkulturelles Leuchtturmprojekt – und hoffentlich auch ein Maßstab für die künftige Gesamtentwicklung der Unternehmensgruppe.