Wohnanlage Friedrich- Inhauser- Straße
Preisträger BHP22
Salzburg
Wohnanlage Friedrich- Inhauser- Straße
Aufstockung und Umbau
Friedrich-Inhauser-Straße 1–15, 5020 Salzburg
Bauherr·in: Heimat Österreich gemeinnützige Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft, Dir. Stephan Gröger, Abteilungsleiter Stefan Pac
Architektur: cs-architektur mit stijn nagels | architecture atelier
Fertigstellung: 2021
Es war einmal eine Wohnhausanlage, bautechnisch in die Jahre gekommen, mit morschen Balkonen, undichten Fenstern, hohen Heizkosten, nicht zuletzt mit einer Architektursprache wie zu Omamas Zeiten. Die Dächer zogen eine traurige Miene, die Giebel waren sichtlich aus dem Gleichgewicht, und die Kamine klebten unmotiviert an der Fassade und verstellten den Bewohner·innen die Aussicht. Was tun? Anstatt die 1985 errichtete Anlage abzureißen oder lediglich thermisch zu sanieren, entschied sich der gemeinnützige Bauträger Heimat Österreich, das Vorhaben mit einem Forschungsprojekt zu starten: Das Salzburger Institut für Raumordnung und Wohnen (SIR) erstellte zwei Studien unter dem Titel „ZeCaRe“ (Zero Carbon Refurbishment) und „ZeCaMo“ (Zero Carbon Mobility) und ging darin der Frage nach, wie man in der Wohnungswirtschaft den Bestandsbau ertüchtigen und mit innovativen Mobilitätsdienstleistungen aufwerten kann, ohne dabei einen großen ökologischen Fußabdruck zu hinterlassen. Auf die seitenweise verschriftlichen Worte folgten Taten: Die Mieter·innen bekamen Ersatzwohnungen angeboten und wurden ausgesiedelt, die Dächer wurden entfernt, die Geschosse komplett entkernt, die Grundrisse auf den heutigen Stand der Wohnkultur gebracht und neu gezeichnet. Doch dabei blieb es nicht: Im Sinne der innerstädtischen Verdichtung bekam jede Wohnung einen privaten Freiraum, jede Stiege eine barrierefreie Erschließung, jeder Giebel eine eigene zweigeschoßige Aufstockung. Auf diese Weise wurde die Anzahl der Wohnungen von 75 auf 99 erhöht. Die alte Silhouette blieb bewusst erhalten – halb als identitätsstiftendes Zitat, halb als Sichtbarmachung dessen, wieviel Potenzial in der Substanz unserer bereits bestehenden Städte schlummert. In diesen ressourcenschonenden Überbau fügen sich auch Bauweise und Haustechnik: Christoph Scheithauer und Stijn Nagels haben dem Bestandsbau eine Holzhybrid-Konstruktion mit tragen den KLH-Wänden, vertikaler Holzlattenfassade und eingeblasener Holzwolle-Zellulose-Dämmung aufgesetzt. Beheizt wird die Anlage mittels Pellets, Wärmepumpe und Wärmerückgewinnung aus den Abwässern der hier wohnenden Menschen. Ein Mobility-Point mit E-Bikes, E-Rollern, Lastenrädern und E-Cars steht den Mieter·innen kostenlos zur Verfügung. In Zusammenarbeit mit der Salzburger Soziologin Rosemarie Fuchshofer ist es gelungen, 25 Prozent der ehemaligen Mieter·innen zurückzugewinnen. Die Moral von der Geschicht’: Refurbishment und innovative Planungsprozesse im geförderten Wohnbau sind komplex, vielschichtig und extrem aufwändig. Aber es geht. Preiswürdig.