UNIVERSITÄT FÜR ANGEWANDTE KUNST WIEN
BHP 19 _ Preisträger_innen
Wien:
Universität für angewandte Kunst Wien
Oskar-Kokoschka-Platz 2, 1010 Wien
Bauherrschaft: BIG Bundesimmobiliengesellschaft, Unternehmensbereich Universitäten/Wolfgang Gleissner, Hans Peter Weiss, Andreas Stampfer
Architektur: Riepl Kaufmann Bammer Architektur, Wien
Tragwerksplanung: PCD ZT-GmbH, Wien; Conzett Bronzini Partner, Chur
Fertigstellung: 9/2018
Es ist immer beruhigend, wenn Bilder sich hinter Räumen verstecken müssen. Wenn der Raum mehr bewirkt als sein zweidimensionaler „Abdruck“. Gerade heute, da sich diese Beziehung in der Architektur verkehrt zu haben scheint. Die Qualität dieses Projekts liegt in der einfühlsamen Neuorganisation eines Baus von Karl Schwanzer, einem zentralen österreichischen Architekten der Nachkriegszeit. Vor allem aber auch in der radikalen, doch begründeten Umwandlung eines Gründerzeitgebäudes, dem zwei Quertrakte im Hof entnommen wurden. In beiden Fällen entstehen solide Räume ohne viel Brimborium. Das solcherart hervorgebrachte Atrium des Zollamtsgebäudes aber wird das universitäre Zusammenleben bereichern und beeindruckt seine Besucher ob seiner kraftstrotzenden Wirkung. Als habe man von den konstruktiven Erschwernissen der Baustelle einen Auftrag erhalten – darunter verläuft ein U-Bahn-Schacht – beeindruckt hier vor allem die konstruktiv-architektonische Leistung. In Zusammenarbeit mit einem bekannten Schweizer Ingenieur ist ein kleines tektonisches Meisterwerk aus nobel gegossenem Sichtbeton entstanden. Es wirkt archaisch und modern zugleich. Das erhabene wie elementare Alphabet aus Balken und Stütze, über mehrere Geschosse sich nach oben hin verjüngend, umgrenzt das neue Forum (inklusive Audimax) der Angewandten und schafft einen großzügigen, identitätsstiftenden Treffpunkt inmitten Wiens. Vis-à-vis sucht man ebenfalls die Rohheit des Schwanzertrakts zu bergen, den Deckenrost und die Primärstruktur herauszuschälen, um der studentischen Aneignung etwas Robustes zu entgegnen. Die Fassaden waren Tabu, im Inneren aber moduliert man die von unlieben Schichten überfrachteten Räume, gestaltet eingestellte Meisterklassen, Werkstätten und Büros durch ein simples, nie banales System schwarzer Metall-Einbauten, das sich gut in die rationale Grundstruktur einfügt. Der Kampf mit heutigen Anforderungen und technischen Standards ist bestanden. Dass die nötigen Eingriffe, die vielfach „Bereinigungen“ waren, nicht nur solide und dauerhaft wirken, ohne schrille Farbigkeit oder Firlefanz auskommen, zudem aber in bestem Einvernehmen aller und bei laufendem Betrieb vonstattengingen, verweist auf ein honorables Teamwork. Architektur folgt hier dem Prinzip Dialog: mit den künftigen Nutzern, mit der alten Bausubstanz – ob gründerzeitlich oder spätmodern. Der dezidierte Formwille wird umso deutlicher an den wenigen Akzenten, die auf Respekt vor dem Bestand beruhen.